von Eva Rusch
Update war dringend erforderlich
Am Samstag hat die Stadt Köln Anwohner*innen und die interessierte Stadtgesellschaft über das Entwicklungsgebiet Mülheimer Süden in einer großräumig angelegten Openair-Veranstaltung informiert. Das war auch höchste Zeit: denn die Verunsicherung ist groß und das Rätselraten über frühzeitig abgebaute Kräne und wandernde Sandberge irritiert die Anwohner*innen schon seit geraumer Zeit.
An fünf Infopoints, verteilt auf das gesamte Entwicklungsgebiet, informierten engagierte Mitarbeiter*innen der Fachämter über Grün- und Freiraumkonzept, Hochwasserschutz, Denkmalschutz, kooperatives Baulandmodell und Verkehrsplanung. Der Infotag mündete in einer sehr gut besuchten und professionell moderierten Info- und Diskussionsveranstaltung. Insgesamt bildet der aufwendige Informationstag den Auftakt für die eigentliche Beteiligungsverfahren im Sinne des Baurechts, die in den nächsten Monaten und Jahren auf die Bürger*innen zukommen wird.
»Es lohnt sich zu kämpfen«
Eva Herr, Leiterin des Stadtplanungsamtes, initiierte den Infotag mit Expert*innen aus den einzelnen Fachämtern und weiteren Akteur*innen.
So informierte Dr. Joachim Bauer, Leiter des Amts für Landschaftspflege und Grünflächen und sein Mitarbeiter Jürgen Wennmacher, die Anwohner*innen u. a. über die »Wassersensible Stadt« und »Zukunftsbäume«. Ziel sei es, eine höchstmögliche Hitzeabfuhr durch Pflanzen zu erreichen. Die Empfehlungen seien wichtig für die Gesamtplanung. »Wir setzen uns ein für jeden Quadratzentimeter Grünfläche und jeden Baum«, betonte Mitarbeiter Jürgen Wennmacher, der in einem Team an der Aufstellung des sog. GOPs (Grünordnungsplan) arbeitet.
Am Nachmittag zeigten sich vor ca. 150 Gästen die städtischen Mitarbeiter*innen, Investoren und die Politik in einem großen Veranstaltungszelt. Der Beigeordnete Markus Greitemann begrüßte Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs, Mülheim-Experte seit sieben Amtsperioden. Dieser freute sich über die rege Teilnahme.
Eva Herr betonte die herausragende Wichtigkeit das Planungsgebiets für ganz Köln und konnte glaubwürdig ihren Einsatz für die Interessen der Bürger*innen rüberbringen: »Es lohnt sich für diese Quartiere im Sinne der städtischen Vorgaben zu kämpfen.«
Amtsleiter*in für Stadtplanung und Stadtentwicklung Brigitte Scholz sprach über Möglichkeiten einen »guten« Projektentwickler für das Otto-Langen-Quartier zu ermitteln.
Die geplante Stadtbahn wurde unter den Anwohner*innen kontrovers diskutiert. Eine Flotte von E-Bussen sei effektiver, günstiger, zudem schneller zu realisieren. Der Leiter des Amtes für Straßen und Verkehrsentwicklung Klaus Harzendorf nannte neben Stadtbahn und Busslinien weitere Bausteine des Verkehrskonzeptes.
Extra eingereist war der Leiter der »ständigen Jury« Prof. Jörn Walter, ehemals Oberbaudirektor von Hamburg und heute Professor in Berlin. Er erläuterte und verteidigte die vorgesehenen fünf »Hochpunkte«, die einem solch großen und dichten Stadtgebiet angemessen und städtebaulich notwendig seien.
Der Wille zu Bauen
Die Bühne betraten nun zwei Vertreterinnen der Investoren. Corinna Kalscheuer, Projektsteuerin für WvM, erläuterte, was es mit dem zuletzt im WDR Fernsehen besprochenen Hochhaus auf sich hat. Im nahe am Rhein gelegenen Lindgens Areal komme zudem dem Hochwasserschutz eine besondere Bedeutung zu.
Jan-Christoph Ferber, Vertreter der Firma Gateway, möchte schon heute bauen und hofft darauf, 2023 starten zu können. In der vorgesehenen Holzbauweise könne schnell Wohnraum geschaffen werden. Zudem möchte man kleinteilige Stadtquartiere schaffen und den Energieeffizienzstandard »KfW 40« anbieten.
Beide Vertreter*innen betonten deutlich den Wunsch zu bauen. Dies erscheint zunächst selbstverständlich, jedoch ist man im Mülheimer Süden Kummer gewohnt: Weitere Eigentümerwechsel im Mülheimer Süden können die Bauvorhaben verteuern und verzögern, so wird befürchtet.
Ständige Jury
Die »ständige Jury« setzt sich aus den Gewinner*innen des städtebaulichen Werkstattverfahrens, politischen Vertreter*innen und Mitarbeiter*innen der Stadt zusammen. Sie habe, so der Vorsitzender der Jury Prof. Jörn Walter, beratenden Charakter und solle die Ziele des Werkstattverfahrens von 2013/2014 im Auge behalten.
In Diskussionen am Rande der Veranstaltung wurde der Wunsch geäußert, weitere Expert*innen wie zum Beispiel Soziolog*innen und Vertreter*innen der Anwohnerschaft miteinzubinden. Ähnlich äußerte sich Anja Kolacek, raum13: Auf dem Podium fehlten Vertreter*innen der Stadtgesellschaft.
Was gibt es Neues?
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Fünf Hochhäuser à 65 Meter Höhe sind nun definiert. Mülheim bekommt mit »Bullhochhaus« am Wiener Platz und dem »Opal« in Stammheim nun fünf weitere Hochhäuser.
- Eine, im Straßenbett mitlaufende, Straßenbahn als Abzweig von der Linie 4 soll kommen.
- In den »Deutz Quartieren« sollen u. a. zahlreiche Wohnungen zur Miete in Holzmodulbauweise entstehen. Versprochen hat der Eigentümer Gateway 30 % sozialen Wohnungsbau, verteilt auf alle
Wohnhäuser und nicht in einzelnen Häusern konzentriert. Die Häuser werden KfW-40 Standards genügen.
- Die Stadt Köln sieht im Otto & Langen-Quartier die einzige Chance im gesamten Mülheimer Süden für eine Gemeinwohl orientierte Stadtentwicklung und setze sich beim Land
NRW dafür ein. Ein mehrstufiges Verfahren sei in der Abstimmung.
- Beigeordneter Markus Greitemann verspricht raum13 sich mit seinem Kollegen, dem Dezernenten William Wolfgramm (Amt für Liegenschaften) zu verständigen, um die Rückkehr in das
ehemalige Verwaltungsgebäude der KHD klar zu machen. Dies, nachdem sie vor über einem Jahr das seither verfallende Gebäude verlassen mussten.
- Der Immobilienentwickler WvM hat drei Baufelder im Lindgens Areal gekauft und wird neben Eigentumswohnungen und Büros, u.a. ein Hochhaus mit 65 Meter Höhe an der Ecke
Auenweg/Hafenstraße bauen.
- Die Freiraumplanung hält sich an das Grundkonzept der »grünen Finger« vom Werkstattverfahren. Neu vorgeschlagen wird ein großzügiger »grüner Platz«, der den Grünzug Charlier und das
Otto-Langen-Quartier miteinander verschränkt.
- Der Bach »die Strunde« wird nicht an der Mülheimer Brücke oder im Mülheimer Süden an die Oberfläche geführt werden können. Der Aufwand sei zu hoch.
Impressionen
Zeithorizont
- Folgende Öffentlichkeitsbeteiligungen wurden von Markus Greitemann genannt:
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- Otto-Langen-Quartier: Vergabeverfahren Anfang 2023
- Lindgens Areal: »Offenlage« noch in 2022
- Gateway hofft auf Baubeginn für die Deutz Quartiere in 2023.
- Rückkehr von raum13 in das KHD Verwaltungsgebäude angestrebt für sofort.